Eingemeindung I:

Die geplante Eingemeindung nach Bordesholm 1937

Soll Wattenbek nach Bordesholm eingemeindet werden? Diese Frage wird in jedem "echten" Wattenbeker Urängste hervorrufen. Es handelt sich um ein Thema, das - ähnlich wie die Geschichte vom Ungeheuer von Loch Ness - gerüchteweise von Zeit zu Zeit wiederkehrt und besonders geeignet ist, in Wahlkampfzeiten die Stimmung anzuheizen.

Historisch gesehen ist dieses ungeheuerliche Thema in Wattenbek zuerst für die Jahre 1936/37 nachweisbar. Im Protokollbuch des Gemeinderats, das damals bezeichnenderweise den Titel "Niederschriften über die Entschließungen des Leiters der Gemeinde" trug, sind dazu zwei wichtige Eintragungen enthalten. In der Sitzung vom 11.Februar 1937 trafen sich der Bürgermeister Wilhelm Stabe und die Gemeinderäte Christian Rixen, Johannes Gabriel, August Steen, Heinrich Heesch und Adolf Schroedter, um unter Tagesordnungspunkt 2 über die "Zusammenlegung der Gemeinden" zu beraten. Es machte sich bei den Sitzungsteilnehmern eine resignative Stimmung breit, da sie am Ende feststellen mussten: "Es gibt keinen anderen Ausweg, als in der vorgeschlagenen Form des Herrn Landrats [zu verfahren], da die Gemeinden Bordesholm und Wattenbek eng miteinander verwachsen sind."

Der damalige Landrat des Kreises Rendsburg, Wilhelm Hamkens, hatte eine Liste vorgelegt, die in 37 Fällen die Zusammenlegung und Vereinheitlichung von Dörfern und Gemeinden zu leistungsfähigeren Verwaltungseinheiten vorsah. Wattenbek sollte nicht nur mit Bordesholm, sondern auch mit Mühbrook zu einer Großgemeinde zusammengelegt werden. Dasselbe Schicksal drohte Schmalstede und Grevenkrug. Ganz besonders hart sollte es die Hoffelder treffen. Ihre Gemeinde stand vor der Auflösung und der teilweisen Eingliederung in Bordesholm, in Sören oder vielleicht auch in Schönbek.[1]

Während die Mühbrooker und Hoffelder sich offensichtlich kampflos ihrem Schicksal ergaben, erwachte in Wattenbek energischer Protest. In dieser die Eigenständigkeit des Dorfes bedrohenden Situation müssen der Bürgermeister und die Gemeinderäte über sich hinausgewachsen sein. Sie formulierten vier Monate später, am 29.Juni 1937, die für die damalige Zeit nicht ganz unproblematische Feststellung, dass sie "durchaus gegen die Eingliederung der Gemeinde Wattenbek in die Gemeinde Bordesholm" seien. Als Begründung gaben sie an, dass "es sich in diesem Fall um eine Gemeinde von annähernd 700 Einwohnern" handeln würde, die "zum großen Teil eine landwirtschaftliche Gemeinde ist". Diese beiden - scheinbar zusammenhanglosen - Hinweise sollten wohl besagen, dass Wattenbek aufgrund seiner Größe selbst lebensfähig war und im Vergleich zu Bordesholm eine völlig anders strukturierte Einwohnerschaft besaß.

Ob diese beiden Argumente entscheidend dafür waren, dass bei den parteiamtlichen Stellen in Rendsburg ein Sinneswandel erfolgte, ist nicht bekannt. Wattenbek behielt jedenfalls seine Eigenständigkeit (ebenso wie Mühbrook, Hoffeld und Schmalstede). Wer nun versucht sein sollte, in dem Verhalten des hiesigen Gemeinderats einen Akt lokalen Widerstandes gegen den nationalsozialistischen Staat zu erblicken, der muss Folgendes berücksichtigen: Alle Gemeinderäte, einschließlich des Bürgermeisters, waren NSDAP-Parteimitglieder, sonst hätten sie ihre Ämter gar nicht ausüben können. Demokratische Strukturen waren damals nicht mehr vorhanden. Der Gemeinderat war im Frühjahr 1933 von 2 Sozialdemokraten "gesäubert" und zahlenmäßig von einstmals 10 auf 6 Mitglieder reduziert worden. Die oben genannten Personen bildeten von 1933 - 1945 den Gemeinderat, also während der gesamten Zeit des Nationalsozialismus in Wattenbek.

Die Frage der Vereinigung mit Bordesholm scheint dann erst in den sechziger Jahren wieder eine Rolle gespielt zu haben.

[1] Hartmut Hildebrandt: Unser Amt Bordesholm-Land. Eine Reise durch die Verwaltungsgeschichte, Bordesholm 2000, S.101ff..

siehe auch:

Eingemeindung II: Die Idee einer Stadt Bordesholm-Wattenbek 1965

Eingemeindung III: Die Agitation einer Wattenbeker "Separatistenbewegung" 1967